Heute habe ich mein Entlassungsdatum erfahren: Es ist der 16. März 2017! Und damit wird es real. Auch meine Mission hat ein Ende. Ehrlich gesagt, freue mich mich schon auf Zuhause. Auf mein kuscheliges Bett, Kerzenduft, ein Handy das nicht von Nokia und 10 Jahre alt ist, gemütliche Hosen, ausschlafen.. Tage, an denen man einfach zu Hause bleiben kann, weil es draußen kalt und nass ist. Filmabende, mit meiner Familie auf der Couch und dazu das beste Essen, das sowieso nur von Mama gemacht, am besten schmeckt. Familienfeste, Urlaub am Strand und all die Gespräche nachholen, über all das, was ich verpasst habe in den 18 Monaten. Am meisten kann ich es aber kaum erwarten, die Menschen wieder zu umarmen, die Zuhause auf mich warten und jeden Tag für mich beten und die ich wirklich jeden Tag vermisse.
Auf Mission zu gehen, war eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Ich lerne jeden Tag, über mich hinauszuwachsen. Ich lerne mich selbst zu vergessen und aus mir herauszukommen. Ich liebe die Arbeit und die Menschen, die verschiedenen Kulturen und Religionen, die ich kennenlerne. Ich sammle Erfahrungen, die mich mein Leben lang begleiten werden. Und trotzdem ist es nicht einfach.. Als ich auf Mission gegangen bin, hatte ich ehrlich gesagt die Erwartung, mein Namensschild anzustecken und die "perfekte" Missionarin zu sein - die Missionarin, die ich immer sein wollte. Ich merkte relativ schnell, das es so nicht funktioniert.
Ich bin immer noch Ich. Ich mag es immer noch nicht, bei schmuddeligem Wetter die Haustüre zu verlassen. Ich bin immer noch ein Morgenmuffel, der mit der Kuscheldecke am Studiumstisch sitzt und manchmal am liebsten unter der Bettdecke bleiben würde - den ganzen Tag. Mir fällt es immer noch schwer, neue Menschen kennenzulernen und mich in einem neuen Gebiet einzuleben und mich wohlzufühlen. Es kostet mich immer noch Überwindung, Fremde Menschen anzusprechen, nur dass es jetzt nicht mehr der "Regaleinräumer" in einem Supermarkt ist, den ich frage wo die Erdnussbutter ist - sondern Menschen, die ich nicht kenne und denen ich persönliche Fragen über ihren Glauben und ihre Religion stelle. Ich habe immer noch Tage, wo ich schlechte Laune habe. Ich bin keinesfalls, diese "perfekte" Missionarin. Und wie in meinem 'normalen' Leben, läuft auch auf Mission nicht immer alles richtig und wie man es sich selbst vorstellt. Ich mache Fehler, ich enttäusche mich oder andere und ich falle..
Eine Sache, die sich jedoch sehr geändert hat - Meine Einstellung. Ich stehe wieder auf und mache weiter. Und das mit einem Lächeln auf meinem Gesicht. Auch wenn Dinge schief gehen, ist es nichts mehr von dem ich mich einfach runterziehen lasse oder was mich so leicht aus der Spur haut. Ich habe gelernt, dass Gegensätze ein Teil von dem Plan sind, den unser Vater für uns hat. Bedrängnisse und Schwächen gehören zu unserem Leben.
Ein großes Beispiel ist mir Nephi aus dem Buch Mormon. Warum? Weil er jegliche Art von Bedrängnis erlitten hat und trotzdem im Glauben und mit Mut vorangegangen ist. Keine Prüfung und keine Hürde war ihm zu groß, zu schwer oder zu weit. Und er hatte viele. Er reiste 8 Jahre durch die Wildnis. Seine Brüder, die er liebte, versuchten ihn mehrere Male zu töten und hassten ihn für seine Beziehung, die er zu Gott hatte. Er musste Laban töten, um die Platten aus Messing zu erlangen, was gegen seinen Verstand war. Er musste unter Hunger und Schwäche jagen, um Essen für seine Familie zu erlangne. Er musste ein Schiff bauen, ohne überhaupt zu wissen wie ein Schiff aussieht. Er musste selbst standhaft bleiben, als sein Vater Lehi, der ein Prophet war, anfing zu 'murren'. Und was für mich persönlich am schlimmsten klingt: Er sah die Zerstörung seines Volkes vor seinen Augen, in einer Vision. Er wusste, dass sein Volk irgendwann zerstört werden würde, bevor es überhaupt das 'Volk' Nephi gab. Wir fragen uns manchmal 'Warum ich?'.. weil es ein Teil des Planes ist. Ein Puzzelteil, des großen Bildes, welches wir nicht sehen können.
Nephi hätte aufgeben können. Ihm hätte das alles zu anstrengend sein können, zu gefährlich, zu schwer und zu tragisch. Er hätte, wie seine Brüder Laman und Lemuel, jammern können und sich elend fühlen können, bei all dem was ihm aufgetragen wurde. Doch er tat nichts dergleichen. Nephi gab nie auf. Er wusste, das seine Aufzeichnungen trotzdem wichtig sein werden und ein weiteres Zeugnis für Christus sein würden. Ohne seine Einstellung und sein Gottvertrauen hätten wir heute nicht das Buch Mormon, wie wir es haben. Wie dankbar ich ihm dafür bin!
Wir alle haben in jeder gegebenen Lebenssituation Prüfungen und Gegensätze. Wir haben Sachen, mit denen wir zu kämpfen haben, aber wir sind nie alleine. Unser himmlischer Vater ist immer bei uns und Christus geht den Weg mit uns gemeinsam, wenn wir ihn lassen. All die oben beschriebenen Schwächen, sind nur halb so schwer zu überwinden, wenn ich den Tag mit der richtigen Einstellung, einem Gebet im Herzen und einem Lächeln auf den Lippen durchlaufe. Ich bin so dankbar für das vergangene Jahr, als Missionarin in seinem Namen. Ich bin dankbar, dass er mich in meinen Schritten lenkt.
Nephis Worten möchte ich mich anschließen:
Mein Gott ist mein Beistand gewesen; er hat mich durch meine Bedrängnisse geführt; und er hat mich vor der großen Tiefe bewahrt. Er hat mich mit seiner Liebe erfüllt, selbst bis es mir mein Fleisch verzehrt. O Herr, ich habe auf dich vertraut, und ich werde auf dich vertrauen immerdar. Ja, ich weiß, daß Gott dem gern gibt, der bittet. Ja, mein Gott wird mir geben, wenn ich nichts Unrechtes bitte; darum werde ich meine Stimme zu dir erheben; ja, ich werde zu dir rufen, mein Gott, dem Fels meiner Rechtschaffenheit. Siehe, meine Stimme wird immerdar emporsteigen zu dir, mein Fels und mein immerwährender Gott. Amen. (2. Nephi 4)
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